Es ist mal wieder eine gefühlte Ewigkeit her, dass ich hier im Blog etwas niedergeschrieben habe. Bevor die letzten Erinnerungen vielleicht verblassen, nutzte ich die lauen Sommerabende auf der Terrasse, die kalten Herbsttage auf dem Sofa und nun noch die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester für ein paar Zeilen über die Wiederinbetriebnahme des Kadetten nach knapp vier Jahren.
In den vorherigen Beiträgen drehte sich oft alles um mysteriöse Geräusche, die anscheinend aus der Getrieberichtung kamen. In 2022 stellte sich dann aber heraus, dass leider doch die Hinterachse für die unangenehme Soundkulisse verantwortlich war. Diese neue Erkenntnis sorgte nicht gerade für Begeisterung, denn bereits im Oktober 2019 hatte ich mir vorsorglich ein 240er Getrag und die passende Kardanwelle als Ersatz besorgt, nachdem erste Zweifel aufgekommen waren. Das Ganze erwies sich nun quasi als überflüssig.
Also musste eine neue Hinterachse her. Mein erster Gedanke war, mir eine “neue” Achse nach meinen Vorstellungen (Übersetzung, mit/ohne Sperre) bauen zu lassen. Dafür hatte ich auch schon ein paar Angebote vorliegen und hätte schon fast den Auftrag vergeben, bis mir mein Kollege Marcel Mitte April diesen Jahres einen Tipp gab. Auf Kleinanzeigen.de stand eine Achse mit 3,89er Übersetzung, ohne Sperre, in der Nähe von Frankfurt a.M. zum Verkauf. Ich habe den Anbieter sofort angeschrieben und wir haben uns einen Abholtermin ausgemacht. Glücklicherweise stand (endlich einmal wieder!) das 34. Kadett-C-Treffen in Kaiserslautern auf dem Plan und ich konnte beides miteinander verbinden.
Ein paar Tage und tausend Euro später hatte ich dann eine jungfräuliche 3.89er Hinterachse im Kofferraum liegen. Aus den Händen von keinem geringeren als “Opa Franz” (Franz Jung – einer der Topleute in Alt-Opel-Kreisen, wenn es um das Thema Hinterachsen geht). Die Achse habe ich allerdings nicht direkt bei ihm geholt, sondern bei einem Motorsport-Team in Offenbach, wo sie nur für Notfälle als Ersatz im Regal lag. Hier hatte ich wirklich mal Glück gehabt und die Gelegenheit gleich genutzt.
Obwohl das Getriebe nun nicht mehr der Hauptverdächtige war, führte in meinem Kopf nichts mehr an der Vorstellung vorbei, nach dem vierten auch mal in den fünften Gang schalten zu können. Doch sollte ich nun zusammen mit der neuen Hinterachse blindlings das oben genannte, immer noch ungeöffnete, Getrag-Getriebe verbauen? Das alles in der Hoffnung, dass dabei schon nichts schief gehen wird? Nach reiflicher Überlegung habe ich es dann doch nicht riskiert. Wie sich später herausstellen sollte, könnte diese Entscheidung unter Umständen mein Leben verlängert haben.
Also habe ich erneut die Fühler ausgestreckt und nach einem revidierten 240er Getrag Ausschau gehalten. Relativ schnell bin ich dabei bei Foti gelandet, was im Nachhinein auch kaum anders zu erwarten war. Wenn einer diese Teile kennt, dann definitiv er. Foti ist sozusagen einer DER Getriebespezialisten in der Alt-Opel-Szene und ein sehr sympathischer und ehrlicher Mensch noch dazu 😊 Bei ihm bekommt man im Austausch Alt-gegen-Neu ein überholtes Getriebe mit jeweils neuen Lagern, Synchronringen und Simmerringen … und das alles sogar mit einem Jahr Garantie. Bei Motoren ab 150 PS bietet er außerdem die verstärkten Komponenten aus dem BMW E30 325i an, was jedoch für mein zahmes Triebwerk nicht in Frage kam.
Innerhalb von wenigen Tagen nach der Kontaktaufnahme stand dann auch schon ein GLS-Express-Kurier mit einem gut ausgepolsterten Mörtelkübel vor der Tür. Ich glaube, besser kann man ein Getriebe nicht verpacken.
Da solche Getriebe nicht auf Bäumen wachsen, freut sich Foti, wenn er im Austausch ein halbwegs intaktes Getriebe zurückbekommt. Somit ging mein Katze-im-Sack-Getrag von 2019 in gutem Glauben auf seine letzte Reise nach Bochum. Beim anschliessenden Zerlegen stellte sich jedoch heraus, dass die Innereien nahezu schrottreif waren. Im schlimmsten Fall hätte das Getriebe bei hoher Geschwindigkeit blockiert und ich wäre ins Nirwana abgeflogen. Der Grund war einfach zu hoher Verschleiß durch zu hohe Motorleistung, die diese Teile dauerhaft einfach nicht verkraften können.
Dieses tolle Schmuckstück habe ich dann sogleich mit den noch nötigen Anbauteilen ausgestattet: Aus der Edelschmiede kommt ein neues Tachoritzel (rot, 18 Zähne) mitsamt passenden Winkeltrieb und Tachowelle, von Splendid Parts kommt die Schaltkulisse V3 zum Einsatz. Auf eine umgeschweißte Schaltkulisse mitsamt Schalthebel aus Opel-Modellen, die das 5-Gang-Getrag ab Werk verbaut hatten, hatte ich so gar keine Lust.
Damit das Getriebe auch vernünftig an den originalen Aufnahmen befestigt werden kann, hat mir mein geschätzter Freund Christian einen Getriebehalter nach der im Kadett-C-Forum für die Nachwelt hinterlassenen Skizze gefertigt. Ganz ganz herzlichen Dank an dieser Stelle!
Mittlerweile war es Mai geworden und die Zeit für einen möglichen Einbau gekommen. Hierfür war natürlich eine Werkstatt mit Hebebühne bzw. einer Grube die Grundvoraussetzung. Doch wie gut, dass es hilfsbereite Schrauberkollegen, wie André gibt, der mir freundlicherweise die Gelegenheit gab, für 2..3 Tage seine Räumlichkeiten zu nutzen.
Relativ kurzfristig hat dann mein Arbeitgeber meinen spontanen Urlaubswunsch abgesegnet, sodass ich meinen Plan endlich in die Tat umsetzen konnte. Ich machte mich mit dem Kadett auf den Weg in die Halle, nur wenige Kilometer ins nördliche Dresdner Umland. Unglücklicherweise gab es dabei einen kleinen Zwischenfall: Während der Fahrt fiel mir plötzlich die rot aufleuchtende Ladekontrolle in der Armaturentafel auf. Na gut, dachte ich mir, vielleicht hat der Lichtmaschinenregler einen Treffer. Das werde ich wohl auch noch mal überprüfen müssen, sobald ich bei André angekommen bin. Doch Pustekuchen! Auf halber Strecke rollte ich ausgekuppelt auf eine Vorfahrtsstraße zu und der Motor ging aus. Wieder anlassen war zwecklos, denn die Batterie war mausetot. Also was war passiert? Eine mangelhafte Crimpverbindung sorgte dafür, dass D+ von der Lichtmaschine sprichwörtlich abgefallen war. Das hatte zur Folge, dass die Batterie während der Fahrt nicht geladen, sondern stattdessen komplett leergezogen wurde. Nun stand ich da, irgendwo im Nirgendwo, fünf Fahrminuten vor dem Ziel. Aber die Rettung in der Not ließ nicht lange auf sich warten. Eine Ersatzbatterie war innerhalb von wenigen Minuten organisiert und ich konnte die Fahrt fortsetzen. Was war ich froh, dass ich keinen Abschleppdienst rufen musste …
So wie die Gelbe Gefahr auf der Montagegrube positioniert war, ging es unmittelbar ans Werk. Die Achse und das Getriebe hatte ich bereits vorher mit “Fabian” (unserem mittlerweile verkauften Skoda Fabia 5J Combi) herbeigeholt. Zunächst habe ich die Auspuffanlage (ab Krümmer) und die Kardanwelle ausgebaut, anschließend das Auto aufgebockt, Bremsleitung, Stoßdämpfer, Stabis usw. gelöst, um dann die Achse mittels Rangierwagenheber ganz sanft abzulassen. Für diese Einfachheit liebe ich Autos aus dieser Zeit. Ein paar Schrauben lösen und schon hast du das halbe Auto in Einzelteilen vor dir liegen …
Von der alten Hinterachse konnte natürlich der Aluhals und die komplette Trommelbremse ohne weiteres weiterverwendet werden. Nachdem der Umbau an die neue Achse erfolgt war, wanderte sie auch schon wieder unter den Coupé-Hintern.
Der Kadett stand nun wieder auf allen vier Rädern und es ging am Antriebsstrang weiter nach vorn. Damit ich etwas mehr Platz für den Aus- und Einbau des Getriebes habe, habe ich den Motor vorn mit meinem kleinen 08/15-Wagenheber ganz leicht angehoben, um ihn damit etwas nach hinten und somit das Getriebe nach unten zu kippen. Leider habe ich genau davon kein Foto gemacht, aber ich denke, ihr könnt mir folgen.
Nachdem der Schalthebel, die Tachowelle und der Rückfahrschalter entfernt waren, ging der Aus- und Einbau recht unkompliziert vonstatten. Höchstens das Einfädeln der Eingangswelle war ohne zweiten Mann zwar etwas fummelig, aber ein paar Kraftausdrücke wirken da manchmal Wunder 😀 Außer dem Kupplungszug habe ich auch gleich noch die Tachowelle erneuert. Sicher ist sicher!
Die für das Getrag 240 passende Kardanwelle kommt aus einem Ascona/Manta-B-Automatik, welche ich für läppische 200 Euro aus den Niederlanden geholt habe. Auf die gewohnt “russische” Art-und-Weise habe ich sie am Zapfen mit dem Winkelschleifer um 2-3 Zentimeter gekürzt. Richtig wäre es natürlich, die Welle zwischen den Kreuzgelenken zu kürzen, doch diese Variante war mir dann etwas zu perfekt. Nicht zuletzt, weil sie u.U. viel kostenintensiver wäre (Schweißen, Wuchten, Lackieren etc.). Und so funktioniert es genauso, woanders ja auch schon seit Jahrzehnten.
Mit dem Einsetzen der Kardanwelle und ein kleineren Restarbeiten war es endlich geschafft und ich konnte freudestrahlend die Heimreise antreten. Auf dem Weg nach Hause zeigte sich, dass der Tachometer auch in etwa die Wahrheit sagt 🙂
Was nun noch zum vollkommenen Glück fehlte, war der Segen des TÜVs. Das war zum Glück nur noch Formsache und einige Tage darauf erledigt. Übrigens bekam ich die neue Plakette ohne die befürchtete Strafgebühr ausgehändigt, und das obwohl meine HU ja schon fast zwei Jahre überfällig war.
Damit war diese ewig währende Durststrecke beendet und ich kann mich endlich angenehmeren Baustellen widmen. Kurz vor Ende dieses Jahres seid ihr nun auch wieder auf einem annähernd aktuellen Stand, was mein Auto betrifft. Und recht bald dürfte es hier auch weitergehen. Bis dahin wünsche ich euch aber erst einmal ein gutes Neues Jahr 2024.
Viele Grüße,
euer Martin
👌👌👌