Ziel erreicht ?

Vor nun fast zwei Monaten, am 16. Juli 2019, hat der GTÜ-Prüfingenieur seinen Segen erteilt, tags darauf bekam er sein verdientes H-Kennzeichen. Was eigentlich schon zwei Wochen früher nur als Formsache gelten sollte, erwies sich noch einmal als ordentliche Herausforderung.

Reisen wir also noch einmal zurück: Bereits am Morgen des 2. Juli haben wir den Kadetten mit einem Leihtrailer von der Halle in Bautzen zum Prüfstützpunkt nach Radebeul gebracht. Hierfür nochmal vielen Dank an meine Schwiegereltern für die tatkräftige Unterstützung! 😉 Allein das Auf- und abladen war ein kleines Abenteuer. Denn sobald ich mit meiner “scheißtiefen Karre” auf dem Anhänger stand, blieb mir in Ermangelung eines Schiebedachs nichts anderes mehr übrig, als in “Dukes of Hazzard”-Manier durch’s Fenster ein- und auszusteigen. Die Borde links und rechts waren so dermaßen hoch, dass meine Türen nur noch zehn Zentimeter weit aufgingen.

Gegen Mittag traf unsere Kolonne am Prüfstützpunkt ein und ich fädelte mich wieder schlangenartig ins Auto, um unseren Prüfling auf dem Hof abzuparken. Dort wurde er auch gleich von den kritisch dreinblickenden Ingenieuren unter die Lupe genommen. In vorauseilendem Gehorsam habe ich ihnen auch gleich einen Leitz-Ordner mit allen möglichen Unterlagen zum Auto in die Hände gedrückt. Darin enthalten waren die alten Zulassungspapiere, alle benötigten ABEs und Gutachten, sowie das Ursprungszertifikat von Opel Classic. Ziemlich schnell fiel der Blick der Prüfer auf den Auspuff. Auf meine Anmerkung, dass es dazu weder ein Gutachten noch irgendwelche E-Prüfzeichen oder andere Annehmlichkeiten gibt, erntete ich die erwartete Skepsis. Wie sich allerdings später noch herausstellen wird, stellte die Abgasanlage keinerlei Hürde dar. Denn diese lauerten ganz woanders.

Wieder zu Hause angekommen rief mich der Anstaltsleiter an, der mir offenbarte, dass das heute wohl nichts mehr mit der Plakette wird. Meine vorderen Radlager würden mahlende Geräusche von sich geben und hinzu kam noch, dass die Bremsen, welche mittlerweile zu meinem Lieblingsproblem geworden sind, den Leistungsanforderungen des Prüfstands nicht gewachsen waren. Damit war’s mit der Hauptuntersuchung im ersten Versuch natürlich Essig und wir holten den Kadett noch am selben Tag wieder ab um ihn in erst einmal in seine neue Bleibe im Dresdner Umland zu bringen.

Dass mir ausgerechnet die Radlager Probleme bereiten würden, daran hätte ich im Traum nicht gedacht. Als ich sie damals befundet hatte, war die Welt noch in Ordnung und auch im eingebauten Zustand haben sie keine auffälligen Geräusche von sich gegeben. Aber nun gut, ein paar neue Lager können sicher nicht schaden. Zwei Tage später trudelten auch schon die Neuteile aus Thomas’ Edelschmiede ein, sodass ich sie bereits am darauffolgenden Wochenende wechseln konnte. Damt war zumindest das erste Problem behoben. Letzten Endes war ich auch froh, dass sich nicht die hinteren Radlager angekündigt haben, denn dann wäre der Wechsel mit erheblich mehr Aufwand verbunden gewesen.

Und nun zu diesen verf…lixten Sch***bremsen. Ich hatte bis zuletzt das Gefühl, dass die bis dahin vorhandene Bremsleistung ausreicht und die HU nicht gefährden würde. Dass der Karren zwar gut bremst, aber die Räder nicht blockieren, habe ich als gegeben hingenommen. Einen Vergleich hatte ich ja schließlich nicht und meine “Teststrecke” war zu kurz, um einmal aus voller Fahrt in die Eisen zu gehen.
Doch wo lag nun das Problem? Sollte wirklich immer noch Luft im System sein? Nach zehn oder mehr Mal Entlüften konnte ich das fast ausschließen. Aber so langsam hielt ich alles für möglich und ich entlüftete die Bremsen noch ein x-tes Mal. Und siehe da: hinten links blubberte es plötzlich im Gewürzgurkenglas. Freudestrahlend habe ich den Kadetten wieder heruntergelassen und bin eine Proberunde gedreht. Tatsächlich sprach die Bremse nun bei demselben Pedalweg noch ein bisschen besser an und tatsächlich blockierten die Räder hin und wieder. Das muss es nun also gewesen sein, dachte ich bei mir und ich stellte den Boliden am nächsten Montagmorgen siegessicher wieder auf den Hof der Prüfanstalt.

Am Vormittag dann der Anruf: “Die Bremswerte reichen immer noch nicht!”. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich hier fast ins Telefon gebissen hätte … Der Prüfer meinte noch dazu, dass beim Tritt auf’s Bremspedal die Motordrehzahl absinken würde, da der Bremskraftverstärker eventuell Falschluft zieht. Das war also die Symptomatik, über die ich mir nun den Kopf zerbrechen durfte. Falschluft im BKV kann theoretisch nur durch eine defekte Membran oder durch eine Undichtigkeit am Unterdruckschlauch (vom Ansaugtrakt kommend) bzw. dem Rückschlagventil herrühren. Letzteres konnte ich definitiv ausschließen, womit nur noch eine defekte Membran infrage kommen würde. Also habe ich mir umgehend einen guten gebrauchten und nachweislich funktionstüchtigen Bremskraftverstärker besorgt (Danke an dieser Stelle an Ingo!), welcher mir wiederum zwei Tage später vom DHL-Mann in die Hände gedrückt wurde.

Und nun kam der finale Moment der Erleuchtung: Glücklicherweise hatte Ingo den dazugehörigen Hauptbremszylinder mit dran gelassen. Ein Umstand, der mich nahezu mit der Nase auf das Problem stoßen sollte. Denn so wie ich den Hauptbremszylinder vom Bremskraftverstärker gelöst habe, sehe ich dort eine Gummidichtung, die bei meinem definitiv nicht verbaut war. Im Gegenteil, sie lagerte in irgendeiner Kiste, weil ich das Teil von Anfang an nirgendwo mehr zuordnen konnte. Die Ironie daran ist, dass ich mir beim Einbau, der nun auch schon wieder drei Jahre zurückliegt, an besagter Stelle einfach eine simple Papierdichtung zugeschnitten hatte. Vielleicht kam mir der Übergang Metall-auf-Metall damals schon komisch vor. Ich weiß es leider nicht mehr … Auf jeden Fall erklärt das die Symptome mit dem relativ langen Pedalweg und dem Drehzahleinbruch beim Treten.

Alle guten Dinge sind wie immer drei: Am nächsten Morgen führte mein Weg noch einmal nach Radebeul. Mit dem Corpus Delicti und einem 13er Maulschlüssel im Gepäck, war der Odyssee in weniger als fünf Minuten ein Ende beschert: Bremskraftverstärker und Hauptbremszylinder voneinander getrennt, die Dichtung eingesetzt und die beiden M8er Muttern wieder festgezogen. Siehe da: Das Ergebnis des darauffolgenden Bremstests ist wahrscheinlich jetzt noch auf dem Hof zu erkennen … 🙂

Auf den endlich erfolgreichen Bremstest folgte dann noch ein einstündiger Zettelkrieg mit Eintragungen hier, Austragungen da und H-Gutachten dort … Austragen lassen habe ich bei der Gelegenheit auch gleich die fehlenden Stoßstangen, eine der vielen Tuningsünden der 1980/90er. Das veranlasste den frisch exmatrikulierten Prüfingenieur irgendwie dazu, den Kadetten gleich noch einmal komplett auszumessen. Naja, warum nicht. Seine Baumarkt-Wasserwaage durfte er dazu aber auch nur deshalb auf’s Autodach legen, weil sie gelb war … 😀

Irgendwann war auch das alles in Sack und Tüten, sodass ich den Wagen am nächsten Morgen zulassen konnte. Bei der Zulassungsstelle im Südosten Dresdens angekommen, wurde ich nach knapp 20 Minuten aufgerufen: Wie es kommen musste, war die Dame an Schalter 8 leider nur mäßig kooperativ, weshalb ich noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten musste, bis mir und meinem o.g. Ursprungszertifikat Glauben geschenkt wurde. Mit Flöten und Engelszungen konnte ich wenigstens noch die Korrektur des Erstzulassungsdatums erwirken. “So ein Zettel kann sich doch jeder aus dem Internet ausdrucken!” Okay, na klar, selbstverständlich wird sie damit natürlich recht haben. Wie konnte ich nur so töricht sein und sie damit überlisten zu wollen. Doch so leicht gab ich noch nicht auf. Nach zehn Minuten Diskussion ließ sie sich dann von mir und ihrem Vorgesetzten von der Echtheit des Zertifikats überzeugen und änderte die EZ vom 1. Juli 1979 auf den 8. Februar 1979. Die Anpassung der fehlenden Typschlüsselnummer war dagegen völlig unmöglich. “Auf keinen Fall! Sowas muss ein Sachverständiger klären. Woher sollen wir das hier wissen?”, erhielt ich barsch als Antwort. Ich wollte dann auch nicht unbedingt die Blicke der anderen 100 Leute in der Schalterhalle auf mich und Frau “Dasgehtsoabernicht” ziehen und gab, mittlerweile leicht entnervt, klein bei. Als ich dann meine leise weinende ec-Karte in den Kassenautomat schob, im Gegenzug erst die Zulassungspapiere und danach endlich die Siegel auf die Kennzeichen bekam, war die Sache endlich geritzt.

Mit stolz geschwellter Brust und den frisch gestempelten Schildern auf dem Beifahrersitz quälten wir uns noch einmal komplett durch den Dresdner Berufsverkehr, um sie schlussendlich an meinen Zweitwagen zu klemmen.

Die erste offizielle Fahrt führte dann eher wenig spektakulär und ganz “Brot-und-Butter”-like zur Arbeit, wo ich schon mit Staunen empfangen wurde. Somit konnten dann meine Kollegen auch mal sehen, was aus den vielen unzähligen Teile-Paketen, die in den letzten vier Jahren immer wieder auf meinem Schreibtisch gelandet sind, geworden ist 😀

Falls ihr selbst noch nicht in die Verlegenheit gekommen seid und euch fragt, wie sich dieser ganze Spaß auf euer Portemonnaie auswirken könnte, habe ich hier mal alle Kosten aufgelistet, die für mich so angefallenen sind:

2 Euro-H-Kennzeichen inkl. Versandkosten 14,85 €
Hauptuntersuchung + Oldtimer-Begutachtung gemäß §23149,00 €
Änderungsabnahme gemäß §19 42,00 €
Zulassungskosten 56,90 €
Kfz-Haftpflicht mit Vollkasko (SB 300/150 €) für 1 Jahr294,98 €
Kfz-Steuer (mit H-Kennzeichen) für 1 Jahr191,73 €
Summe749,46 €

Soviel zur letzten Etappe bis zur Zulassung. Ich hoffe, dieser außergewöhnlich lange Beitrag hat euch nicht zu sehr gelangweilt. Bis zum nächsten Mal!

Euer Martin

P.S.: Wenn es für euch interessant ist, komme ich demnächst auch noch auf das Thema Oldtimer-Versicherung zu sprechen. Nur soviel, ich aufgrund eines Tipps bei der LVM gelandet und bis jetzt mit der Abwicklung und dem Preis/Leistungsverhältnis äußerst zufrieden.

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